Für Autoren

(c) Perry Rhodan FanZentrale
Erstveröffentlichung in SOL Nr. 24 - 4/01

 

Einige Tipps für angehende Autoren (10/12)

von Klaus N. Frick

 

Vorspann:

In dieser Folge geht’s um das heikle Thema Ausbildung. Erstaunlicherweise scheinen viele Schriftsteller im deutschsprachigen Raum nämlich zu glauben, sie müssten ihr Handwerk nicht lernen, sondern könnten einfach »drauflos schreiben«, um nach dem Motto »Learning By Doing« irgendwie schon ihre epochalen Romane zustande zu bringen. Aus persönlicher Anschauung will ich diesmal über potentielle Ausbildungsmöglichkeiten schreiben.

Bei jeder Gelegenheit wird immerhin darüber gejammert, wie ach so überlegen die amerikanischen Schriftsteller den deutschen seien. Jeder Verlag sei nur noch daran interessiert, die leicht verkäuflichen amerikanischen Romane in die deutsche Sprache zu übersetzen, um sie hier zu veröffentlichen. Sieht man davon ab, dass es ganz so einfach nicht ist, dass es schließlich auch ein Publikum gibt, das nach amerikanisch klingenden Helden lechzt und eben nicht nach Romanen, die in Senegal oder in Vietnam spielen und von den dort lebenden Autoren geschrieben werden, ist die Aussage nicht falsch: Die deutschsprachigen Verlage publizieren gerne Autoren aus dem englischsprachigen Ausland.
Warum denn? Sicher nicht, weil Verleger und Lektoren es besonders schätzen, neben den Autoren und deren Agenten auch noch die Übersetzer zu bezahlen. Sondern aus dem ganz profanen Grund, weil die angloamerikanischen Autoren professioneller arbeiten, weil sie in einem höheren Maße gut gemachte Unterhaltungsliteratur liefern als deutschsprachige Schriftsteller. Das gilt im Übrigen ebenso für die Musik-Industrie oder die Computerspiel-Branche – aber um die soll es in diesem Artikel nicht geben.

Anscheinend gibt es irgendetwas, was amerikanische Autoren ganz fundamental von deutschsprachigen unterscheidet. Ist es vielleicht die Ausbildung? Ist es die Tatsache, dass es an amerikanischen Universitäten mit einer Selbstverständlichkeit ohnegleichen Kurse in »Creative Writing« gibt, die von honorigen Profi-Autoren geleitet werden? Ist es die Tatsache, dass an ebenjenen Universitäten in den sogenannten University Press-Verlagen die Erstlingswerke junger Schriftsteller publiziert werden? Ist es die Tatsache, dass es zu allem Überfluss auch noch eine Reihe von Ausbildungsstätten gibt wie die sogenannten Clarion Workshops, in denen junge Autoren das Handwerkszeugs auf professionelle Weise beigebracht wird?

Mag sein, dass es daran liegt. Ebenso sicher liegt es daran, dass der englischsprachige Markt eben einfach viel größer ist als der deutschsprachige. Punktum. Und dass Hollywood mittlerweile zu einer amerikanisierten Weltkultur geführt hat.

Trotzdem ist es für deutschsprachige Autoren von großer Bedeutung, sich fortzubilden. Es nutzt nichts, über die augenscheinliche Überlegenheit der Amerikaner zu jammern und gleichzeitig im Status halbseidener Betroffenheitsliteratur zu verharren, die ihre 3000 subventionierten Leser findet, aber keinen echten Markt. Es gibt hier auch entsprechende Möglichkeiten

Die Volkshochschulen

An zahlreichen deutschen Volkshochschulen gibt es sie bereits: Literaturwerkstätten, Kurse für kreatives Schreiben, Schriftstellertreffen – wie immer man es nennen mag. Häufig handelt es sich um Treffen gleichgesinnter Autoren, die sich gemeinsam über ihre Werke unterhalten und dann darüber reden, was gut und was schlecht ist. Manchmal gibt es Vorträge in solchen Werkstätten, manchmal werden gemeinsame Lesungen veranstaltet, manchmal gibt es sogar ein einmal im Jahr erscheinendes kleines Büchlein, das die wichtigsten Texte zusammenfasst und für ein größeres Publikum herausbringt. 

Da ich jahrelang in einer solchen »Literarischen Werkstatt«, wie das damals in Freudenstadt hieß, mitgemacht habe, verfüge ich über gewisse Erfahrungen. Prinzipiell gilt, so meine ich, dass eine solche Werkstatt sehr wohl etwas nutzt: Man lernt, sich über seinen eigenen Text mit anderen Autoren zu unterhalten, vor allem mit Autoren, die nicht nur im Genre Science Fiction zu Hause sind; man lernt darüber hinaus Kritik zu üben, die nicht zu sehr weh tun darf.

Als ich selbst mit 16 oder 17 Jahren in dieser Werkstatt anfing, half mir das ungemein. Ich war der einzige, der unter 30 war, wahrscheinlich sogar der einzige Teilnehmer unter 40. Es war sehr interessant für mich, die Auseinandersetzung mit »älteren Menschen« zu suchen, die naturgemäß mit meiner Denkweise und meinen Texten nicht so viel anzufangen wussten. Nach wenigen Jahren hörte ich allerdings auf; ich merkte, dass mir die ganze Sache nicht mehr weiterhalf. Ich stieß an die Grenzen dieser Werkstatt, die in einem sehr hohen Umfang »im eigenen Saft schmorte«: Der eine Autor schrieb am liebsten Aphorismen und wollte nichts anderes haben, die andere Autorin verfasste Kindergedichte mit holpernden Reimen, die man nicht kritisieren durfte, »weil sich das nun mal so abgespielt hat«, ein weiterer Autor verstieg sich in Satzgebilden, die niemand verstand, die er aber für besonders gebildet hielt. Und keiner dieser Autoren hatte den Ansatz, sich ernsthaft fortzubilden, sie alle nutzten die Werkstatt nur als Bühne für sich selbst.

Gegen eine solche Bühne ist nichts zu sagen, sie kann einem schließlich helfen. Sie wird einem aber nicht weiterhelfen.
Wer schreiben will, dem empfehle ich also ernsthaft, nach einer solchen Werkstatt oder einer art-verwandten Einrichtung bei der örtlichen Volkshochschule zu suchen und daran teilzunehmen. Aussteigen kann man schnell, wenn es dem eigenen Vorankommen nicht dient. In diesem Fall sollte man sogar aussteigen – es könnte den eigenen Fortschritt zu einem besseren Stil und zu besseren Geschichten behindern!

Fernkurse für Schriftsteller

Immer wieder werden sogenannte Fernkurse für angehende Autoren angeboten, die vor allem ziemlich viel Geld kosten. Ich kenne Menschen, die haben an solchen Kursen teilgenommen; diese berichteten mir durchaus von guten Erfolgen. Man lerne viel in solchen Kursen, das Lernmaterial sei hervorragend, und auch die Dozenten würden sich viel Mühe geben. Einige solcher Unterrichtsmaterialien wurden mir in den 80er Jahren auch zur Verfügung gestellt (eine Frau aus unserer Volkshochschule hatte an einem solchen Fernkurs teilgenommen); diese Materialien sind nicht schlecht.

Inwiefern ein solcher Kurs sinnvoll ist oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen. Letzten Endes ist es eine Frage des Geldes: Will man die entsprechende Summe investieren oder nicht? Reicht vielleicht nicht ein gutes Handbuch aus? Oder ist nicht zuletzt die Zusammenarbeit mit anderen Autoren besser, wie am Beispiel der Volkshochschulen genannt?

Der Story-Schieber-Ring

Am sinnvollsten erscheint mir allerdings die Zusammenarbeit mit anderen Hobby-Autoren, die möglichst dieselben Ziele und Ambitionen verfolgen sollten. In den 80er Jahren gab es in der deutschsprachigen Fan-Szene eine Reihe von Hobby-Autoren, die sich gegenseitig ihre Geschichten zuschickten und sie intern besprachen. Sie nannten das gesamte Gebilde den Story-Schieber-Ring, weil die Stories von einem Autoren zum anderen geschickt wurden und jeder seine Anmerkungen auf dem Manuskript hinterließ.

Im Zeitalter von Internet und E-Mail dürfte das noch viel einfacher sein. Sinnvoll ist auf jeden Fall, dass hier Fans zusammenarbeiten, die sich gut verstehen. Kritik ist bei einer solchen Zusammenarbeit sicher das wichtigste; diese sollte sachkundig und direkt sein, aber eben nicht verletzen. Hier das richtige Maß zu finden ist garantiert nicht einfach.
Machen wir uns einfach nichts vor: Ein Fan-Autor, der nur gelobt wird, kann sich nicht weiter ent-wickeln, vor allem, wenn ihm nie jemand sagt, was er falsch macht. Andauernder Tadel macht einen Autor allerdings auch nicht besser. Schon aus diesen Gründen ist es sinnvoll, in einem Story-Schieber-Ring mit solchen Autoren zusammenzuarbeiten, die man kennt – dann können die Ergebnisse eigentlich nur gut sein. Wahrscheinlich besser als bei einem Schriftsteller-Seminar per Post, das viel Geld kostet, und wahrscheinlich besser als bei einem Volkshochschulkurs in kreativem Schreiben.

Wolfenbüttel und die Folgen

Seit einigen Jahren werden an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel Seminare für angehende SF-Schriftsteller angeboten. Neben ambitionierten »Laien« nehmen daran auch Autoren teil, die schon sehr gut schreiben können, die aber von dem Gedankenaustausch profitieren wollen: Die PERRY RHODAN-»Dauergastautoren« Andreas Findig und Leo Lukas besuchten schon Seminare in Wolfenbüttel, junge und erfolgversprechende Schriftsteller wie Andreas Gruber, Frank Borsch und Bernd Frenz waren ebenfalls zugegen.

In Wolfenbüttel referieren meist bekannte SF-Autoren wie Andreas Eschbach, Robert Feldhoff und Uwe Anton, ergänzt durch mich – allerdings sind die teilnehmenden Autorinnen und Autoren als Mit-Kritiker und Diskussionspartner ebenso wichtig. Die allgemeine Diskussion ist befruchtend; bisher fuhr jeder Seminarteilnehmer mit einigen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen nach Hause. Die Seminarleiter und Dozenten übrigens auch ...

Wolfenbüttel kann nur ein Anfang sein. Im Prinzip fehlt es an solchen Einrichtungen an allen Ecken und Enden. Schreibschulen für angehende SF-Autoren werden die Misere der deutschsprachigen Science Fiction sicher nicht sofort beheben können – schließlich sind die bisherigen Profis auch ohne solche Schulen zu erfolgreichen Schriftstellern geworden –, sie können aber einen Teil der Misere mildern. Und das wäre nicht das schlechteste, wie ich finde...

Klaus N. Frick

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