Für Autoren

(c) Perry Rhodan FanZentrale
Erstveröffentlichung in SOL Nr. 21 - 1/01

 

Einige Tipps für angehende Autoren (8/12)

von Klaus N. Frick

Diese Folge entsteht unter mörderischem Zeitdruck. Man muss sich gewissermaßen vorstellen, der Redakteur der SOL steht hinter dem Autor dieser Zeilen, schwingt die Zeilen und ruft immer wieder »Ich will den Artikel!« Die Entschuldigung, man habe doch erst gerade die Frankfurter Buchmesse hinter sich gebracht und sei permanent im Zeitdruck, bringt hier leider nicht viel ...

Aus diesem Grund ist diese Folge von »Einige Tipps für angehende Autoren« eine eher kurze Abhandlung mit einigen kürzeren stilistischen Einzelheiten. Häufig handelt es sich hier um Geschmackssache, selbstverständlich, aber es schadet nichts, sich über solche geschmäcklerischen Dinge auch zu kümmern. Ein Autor, der seine Formulierungen gut bis sehr gut wählt, hat es stets leichter, sich mit seinen eigenen stilistischen Mitteln gegen einen Lektor durchzusetzen, auch wenn diese Mittel haarscharf an den Regeln der Grammatik vorbeigleiten könnten.

Problemfall Präsens

Gelegentlich muss ein Autor, will er seine Geschichte in einer passenden Umgebung ansiedeln, Beschreibungen liefern. Dabei kommt es häufig zu Beschreibungen im Präsens. Konkretes Beispiel gefällig?
»Während Peter Müller im Flugzeug seine Akten durchblätterte, rief er sich noch einmal in Erinnerung, was er alles über Uganda wusste. Das Land grenzt an den Sudan, an das vom Bürgerkrieg verwüstete Kongo, an Kenia und Ruanda. Seine Hauptstadt heißt Kampala, und einen großen Teil ihres Proteinbedarfs deckt die Bevölkerung aus den Fischen, die in den großen Seen gefangen werden. Müller schaute nachdenklich zum Fenster hinaus. Das war es. Fische ... Er lächelte leicht.«

So kann man es machen, es ist eigentlich nicht falsch. Denn natürlich ist das, was in diesem Text beschrieben wird, faktisch richtig. Man kann es also tatsächlich in der Gegenwartsform schreiben. Ganz ehrlich: Ich finde, das liest sich grässlich. Wenn der ganze Roman in der Vergangenheitsform erzählt ist, sind Landschaftsbeschreibungen und allgemeine Informationen, die auch »jetzt« gelten, trotzdem in dieser Vergangenheitsform zu bringen. Vor allem, wenn es um Informationen geht, die zur Geschichte gehören, die sie vorantreiben sollen. 
Vielleicht sollte man als Autor deshalb die eine Regel beherzigen: Bitte bleib in der Zeitform, die zu Deiner Geschichte gehört.

Aber natürlich hat jede Regel auch ihre Ausnahme. In diesem Fall geht es wieder um das Präsens. In spannenden Geschichten kann es nämlich durchaus ein interessanter Kunstgriff sein, bei Action-Szenen von der Vergangenheits- in die Gegenwartsform zu wechseln. Das ist mit Filmen vergleichbar, in denen die Zeitlupe eingesetzt wird. Die Gegenwartsform liest sich in diesem Fall ebenso wie eine Zeitlupe, macht die Geschehnisse der Action-Szene unter Umständen stärker erfahrbar, erhöht die Anteilnahme des Lesers am Schicksal des Helden. 
Aber eins darf hier nicht übersehen werden: Solche Präsens-Szenen dürfen nicht zum Selbstzweck werden. Wer sie einsetzt, muss genau wissen, was er mit ihnen vorhat. Und mehr als nötig darf er sie ebenfalls nicht benutzen, denn sonst werden sie in einer Häufung ganz schnell langweilig!

»Völkische« Klischees

Vor allem in schlechten Romanen auch professioneller Autoren finden sich Klischees zuhauf. Albanische Männer fuchteln bei jeder Gelegenheit mit dem Messer, afrikanische Männer sind wahre Sex-Wunder, und türkische Männer neigen zur Sentimentalität. Asiatische Frauen werden als »an-schmiegsam« beschrieben, Russinnen besitzen schwarze Haare und sagen bei jeder Gelegenheit »Towarischtsch«, während Amerikanerinnen zickig sind und mit lackierten Fingernägeln durch die Luft wedeln. Will der Autor dann zu allem Überfluß noch seine politische Korrektheit beweisen, führt er einen Deutschen ein, der sich wie ein Nazi verhält, seine Haare streng scheitelt und einen Deutschen Schäferhund besitzt.

Ganz ehrlich: Ich will so etwas nicht lesen. Und man sollte die Leser nicht so einschätzen, dass sie so etwas lesen wollen. Mag sein, dass die Boulevard-Presse die Klischeebildung bei den Menschen verstärkt. Als Schriftsteller hat man jedoch die Ausgabe, solchen Klischees entgegenzuwirken. In jedem Volk gibt es »solche und solche«, um es plump zu sagen. Also sollte man die Menschen entsprechend schildern.
Das heißt aber jetzt bitteschön nicht in vorauseilendem Gehorsam aus jedem Fremden, der in einer Geschichte vorkommt, sofort einen »Gutmenschen« zu machen. Wenn es für eine Geschichte oder einen Roman wichtig ist, dass ein Arkonide ein arroganter Pinsel ist, darf der Autor das selbstverständlich tun. Wer für eine Kriminalgeschichte, die in Hamburg spielt, unbedingt einen schwarzen Drogenhändler braucht, kann diesen als Figur in seiner Geschichte verwenden. Es geht letzten Endes darum, für den Leser eine Welt zu erschaffen, die glaubhaft ist – ob es sich nun um eine Krimi-Geschichte in Deutschland oder einen Science-Fiction-Roman in den Tiefen der Milchstraße handelt.

Klischees kann man so und so vermeiden. Je vielfältiger die Ausdrucksweise eines Autors ist, je mehr er sich darum bemüht, die Stärken und Schwächen all seiner Figuren zu erkennen und sie bei Bedarf auch einzusetzen, umso weniger tappt er in die Klischee-Falle.


Klaus N. Frick

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